Luca & Alicia in der Stadt der Paläste

Die Geschwister Luca und Alicia befanden sich kurz vor den Sommerferien. Alicia war sehr gespannt auf ihr Zeugnis, denn sie glaubte, in diesem Halbjahr ziemlich gute Noten zu bekommen. Weil alle Arbeiten schon geschrieben waren, hatten die beiden auch nichts außer ihren Hausaufgaben, was sie für die Schule erledigen mussten. Also blieb ihnen viel Freizeit übrig, die sie nicht mehr auszunutzen wussten. Plötzlich fiel Luca ein, dass sie lange nicht mehr das Portal besucht hatten, das sie in dem Waldgebiet entdeckt hatten. Als Alicia davon hörte, war sie wieder sehr motiviert, etwas zu unternehmen, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg dorthin. Der Wald, der nicht wie die üblichen Wälder war, beeindruckte sie mit seinen Farben und Pflanzen. Sie wussten noch genau, wo sich das Portal befand: hinter einem gigantischen Baum, den man nur schwer übersehen konnte. Als sie das Portal betraten, drehte sich wieder alles um die beiden. Plötzlich wachten sie an einem Ort auf, der sich garantiert nicht mehr in dem Wald befand. Es handelte sich dabei um eine riesige Stadt, in der in jeder Ecke ein großer Palast stand. Bei einem Blick durch die Tore merkte Alicia, dass in den Innenhöfen eine festliche Atmosphäre herrschte. Schließlich kam ein Herr aus einem der Paläste zur Tür und spielte mit dem Hund. Die jungen Damen redeten mit wilden jungen Leuten. Der Herr des Hauses stand am Rande und schaute sich das bunte Treiben an, als wäre er der Befehlshaber. Dann wurden Alicia die Tore geöffnet und sie wurde in das Innere gelassen. Es war leer, verschmutzt und ungepflegt. Alicia verstand, dass alle Angehörigen dieses Palastes abgelenkt von der festlichen Atmosphäre waren und ihren eigentlichen Pflichten nicht nachkommen konnten. 

Die Geschwister verstanden nicht, was man ihnen zeigen wollte, und gingen endlich weiter. Daraufhin stießen sie auf einen weiteren großen Palast. Ein treuer Hund lag vor der Tür dieses Palastes. Ansonsten unterschied sich dieser Palast deutlich von dem vorherigen. An der Tür im Innenhof stand ein Wachmann, der die Aufgabe hatte, das Gebäude zu beschützen. Außerdem war auch keine Feier zu erkennen. Alicia überredete Luca hineinzugehen und machte den ersten Schritt auf den Hof des Palastes. Sie sah, dass die Feierlichkeiten im Innern des Palastes stattfanden. Die Bewohner des Palastes hatten alle heikle Aufgaben. Einige sorgten sich um die Sicherheit, während andere mit dem Kochen beschäftigt waren und Kinder Künste sowie Wissenschaften erlernten. Der Herr des Palastes war damit beschäftigt, seinen Pflichten nachzukommen, um das Wohl der Bewohner zu gewährleisten. Die Ordnung, Gepflegtheit und der Reichtum in diesem Palast waren nicht zu übersehen.

Alicia und Luca verließen auch dieses Gebäude und schlenderten durch die Straßen dieser Stadt. Überall konnten sie diese beiden Arten von Palästen entdecken. Luca hatte nichts von den Geschehnissen verstanden und fragte Alicia, was sie darüber dachte. Alicia vermutete, dass die Paläste mit festlichen Toren und leeren Gebäuden Menschen darstellen, die irregeführt sind, ihren Verantwortungen auf der Welt nicht nachkommen und vergessen haben, wofür sie leben. Die anderen Paläste könnten im Umkehrschluss denjenigen gehören, die ihre eigentlichen Aufgaben und den Grund für ihre Existenz nicht vergessen haben. Diese Stadt, in der wir uns befinden, stellt wahrscheinlich das soziale Leben der Menschheit dar. Diese Paläste sind wir Menschen und die Bewohner und Arbeiter in diesen sind die Dinge, die diesen Menschen gehören, wie z. B. die Sinnesorgane, das Herz, Geheimnisse, die Seele, Wünsche und Sinneskräfte. So wie die Bewohner in diesen Palästen eigentlich alle eine eigene Aufgabe haben, haben auch die eben genannten Dinge eine Aufgabe in uns Menschen. Wenn diese schönen Fähigkeiten von uns Menschen und unsere grundlegenden Aufgaben und Verantwortungen durch Feierlichkeiten oder sonstigen weltlichen Dingen vergessen werden, handelt es sich ganz und gar nicht um einen Fortschritt, sondern um einen Rückschritt. Denn wahrer Fortschritt richtet das Herz des Menschen, die Seele, den Verstand, sogar die Fantasie und all seine anderen Fähigkeiten auf das ewige Leben aus. Wenn wir aber diese Gegebenheiten unserem inneren Schweinehund unterwerfen und so versuchen, alle Arten von Freuden zu genießen, verlieren wir das Ziel, unsere Pflichten und damit den Grund für unsere Existenz aus den Augen. Langsam fing Luca an zu verstehen, was Alicia meinte, und stimmte ihr zu. Er schaute sie an und fragte sich, wie sie bloß auf eine so hellsichtige Deutung gekommen sei.